Engadin

Eine Runde mit Pascal Zuberbühler und Christian Gross

«Wir mischen Morgenmuffel auf»

Wie viel Spiel steckt im Golfspiel? Warum Schläger gegen den Baum fliegen können. Und weshalb sich kein Sieg so gut anfühlt wie eine Niederlage schmerzt.

Zubi&Gross1

Golf und Sex werden gerne zusammengebracht. Mit Sprüchen und Witzen. Im Guten wie im Schlechten. Kostprobe gefällig? Der einstige US-Golf-Spieler Jimmy Demaret sagte den wirklich schönen Satz: "Golf und Sex sind die einzigen Sachen, die Spass machen, auch wenn Du kein Profi bist."

Wir sind vielleicht 10 Minuten auf dem Platz und haben zum ersten Mal geputtet. Wir, das sind: Pascal Zuberbühler, den mindestens 79 Prozent aller Schweizer als Zubi kennen. Ehemaliger Nationaltorwart. Heute Botschafter fürs Zürcher-Fifa-Museum. Ein Baum von Mann, hochgewachsen, smart, keine Midlife-Crisis. Dann: Christian Gross, mindestens 69 Prozent aller Schweizer kennen ihn als einstigen Fussballtrainer vom FC Basel 1893. Nicht ganz so hochgewachsen, smart auch er, Sternzeichen Löwe. Und schliesslich der Autor dieser Zeilen, der jetzt mal eine Frage an Zubi richtet: Kannst Du den Zusammenhang zwischen Golf und Sex verstehen? Zubi lacht verschmitzt und schweigt. Soviel dazu.

Und jetzt zum Golf: Zubi hat als erstes ein Par gespielt und sagt: "Darauf kann man aufbauen!" Aber wie man weiss, kommt es beim Golf gerne auch mal etwas anders, und schon beim nächsten Abschlag müsste man Zubi aufbauen, wenn er nicht ein so grundsätzlich gut gelaunter Mensch wäre. Denn der Ball fliegt - ziemlich weit nach links ins Aus. Nicht mehr zu finden. Und auch Christian Gross, der mit einem Bogey begann, sagt nach seinem zweiten Abschlag: "Kann nur noch besser werden."

Zubi & Gross 2

Es ist ein wunderbarer Golftag auf dem Platz in Zuoz. Mit blau-weissem Himmel. Geradezu kunstvollen Wolkenformationen. Mit Vogelgezwitscher und verdammt guter Laune. "Wir mischen Morgenmuffel auf", sagt der eine. "Wenn mann mit Spass eine Runde Golf spielen will, dann sind wir die richtigen", sagt der andere. Man spürt, dass Zubi und Gross ein eingespieltes Team sind, freundschaftlich verbunden seit vielen Jahren. Fussball hat sie zusammengebracht, und gemeinsam haben sie zum Golfen gefunden. Das war 2011. Mit anfänglich wenig Zeit zum Spielen. "Golf", sagt Christian Gross, "ist ein technisch sehr schwieriger Sport. Wenn der Ball dann wirklich das macht, was Du willst, kann man auf allen Plätzen der Welt spielen. Das finde ich toll." Wir stehen inzwischen auf dem Green von Loch neun. Die kleine Pause auf der Terasse des Restaurants Büvetta lockt. Und vielleicht ist das der Grund, dass Zubis Ball gerade so gar nicht das macht, was er will. Es dauert ein bisschen, bis es im Lock klackert. Zubi sagt: "Putten muss ich noch üben. Ich übe einfach zu wenig." Und dann fügt er den Satz an: "Als Sportler lacht man, wenn es mal nicht läuft. Aber manchmal könnte ich den Schläger an den Baum schmeissen."

Der freundliche Inhaber der Büvetta serviert jetzt Fleischsalat (köstlich!) und Laugenbrezel (fein!), und vorsichtig möchte der Autor noch einmal an diese Schläger-Baum-Situation anknüpfen. Er fragt: Warum fühlt sich kein Sieg so gut an wie eine Niederlage schmerzt?
Christian Gross sagt: "Das Ausleben der Emotionen, wenn man etwas gewinnt, ist am allerschönsten. Ein toller Antrieb für einen Teamsport. Die Niederlage muss jeder einzeln mit sich ausmachen. Das ist das Harte daran.

Nun muss man hinzufügen, dass die beiden Profis im Fussball sehr viel erreicht haben, "geradezu privilegiert" sind, wie es Christian Gross zufrieden und mit einem sympathischen Understatement ausdrückt. Niederlagen gab es natürlich. Zubi erinnert sich an ein Spiel, in dem der FC Basel den siebten Meistertitel hätte einfangen können. Hätte, wohlgemerkt! Denn in der 94 Minute (Nachspielzeit!) fliegt ihm als Torwart noch ein Ball entgegen, den er nicht hält. Und der FC Zürich gewinnt. Solche Momente, sagt er, brennen sich in Dein Gedächtnis ein. "Ein Scheissgefühl!"

Zubi & Gross 3

Wie zieht ihr Euch aus einer Situation heraus, in der eine schlechte Phase auf dem Golfplatz die Psyche martert? Christian Gross versucht dann, "immer wieder in die vollste Konzentration zu gelangen und somit ins Spiel und in den Fluss zurückzufinden." Zubi sagt: "Je mehr ich mich fokussiere, um so schlimmer wird es. Ich darf gar nicht viel überlegen. Ich setzte die Kugel hin, schlage und ziehe voll durch." Und das macht er nun auch beim Abschlag Loch 10. Holt aus, ein kurzer Klick, der Ball zischt gerade ab und scheint gefühlt in Innsbruck landen zu wollen. Perfekt.
Frage an Zubi: Ist Dein Ehrgeiz eigentlich grösser als Dein Talent?
Zubi überlegt kurz und sagt: "Das ist gut möglich. Ich würde behaupten, es war als Torhüter mein Ehrgeiz. Ich wollte da oben hin. Und Christian als Trainer hat immer mit Visionen gearbeitet, mit dem Matterhorn. Da wollen wir hin, hat er gesagt, das war ausgezeichnet."

Auch auf dem Golfplatz bringt Christian Gross jetzt eine wunderbare Vision ins Spiel. Wir sind inzwischen am Abschlag 14, die letzten Bahnen liefen gut, aber nicht herausragend, man war über die Fairways gelaufen, ohne viel zu reden, vereint mit der Engadiner Natur. Mal flatterte ein Falter vorbei, mal huschte ein Hase davon, mal rasten zwei ausgelassene Eichhörnchen um einen Baum herum. "Wenn jemand von uns an diesem Loch Par spielt", sagt Gross, "werde ich später eine Flasche Champagner spendieren". Wir schlagen ab, rackern und ackern und putten, mit und ohne Konzentration. Das Glück ist aber nicht auf unserer Seite. Oder sollte man "das Können" sagen? Christian Gross wird später im Clubhaus - um das schon mal vorwegzunehmen - dennoch eine Flasche Champagner offerieren. Ja, auf diese lässige Golfrunde trinkt man doch gerne!
Wer den Platz in Zuoz kennt, weiss genau wie es ist, am Abschlag 18 zu stehen. Man hat sich über Stunden körperlich richtig ertüchtigt und blickt noch ein letztes Mal in dieses scheinbar unendliche und vor allem unfassbar schöne Tal. Vor einem das Fairway - die Fahne auf dem Grün ist kaum zu erkennen, Man steht da und weiss: Jetzt tüchtig draufschlagen und sich mal wieder vergegenwärtigen, was für ein toller Sport das Golfen ist, mit so einem kleinen Schläger einen so kleinen Ball in ein so weit entferntes und vor allem kleines Loch zu bringen. Was für ein Drive: Alle unsere Bälle fliegen mit geradezu göttlichem Tempo auf einer geradezu göttlichen Linie.
Und bevor es jetzt zum - sagen wir mal - lässigen Abschluss dieser unvergesslichen Golfrunde kommt, noch ein paar Fragen.

Zubi & Gross 4

Wann habt ihr das letzte Frauenfussball-Spiel von Anfang bis Ende gesehen?
Christian Gross sagt: "Es war das Endspiel zwischen Amerika und England, allerdings habe ich es nicht 90 Minuten verfolgt."
Zubi korrigiert: "Das war Amerika gegen die Niederlande. Frauenfussball ist super interessant. Ich bin darin auch über die Fifa verankert. Es gibt dort viele Anfragen von Frauen zur Trainingsausbildung als Torhüterin."

Welches ist das grösste Fussballstadion der Welt?
Zubi: "Das Maracana in Rio. Richtig?"
Christian Gross: "Ich passe."
Es ist das Stadion in Pjöngjang.

Welche Mannschaft hat am häufigsten ein WM-Finale verloren?
Christian Gross : "Uff. Uruguay?"
Nein, Deutschland.

Welcher Spieler hat die höchste Ablösesumme eingebracht?
Zubi: "Ich passe."
Christian Gross: "Das dürfte Neymar sein."
Stimmt. Der Transfer wurde mit 222 Millionen Euro abgelöst.

Der erfolgreichste aktive Golfspieler ist Tiger Woods. Was fällt Euch zu ihm ein, wenn Ihr seinen Namen hört?
Christian Gross: "Einmal so abschlagen wie er!"
Zubi: "Ein Golf-Genie. Kleine Wette, dass der besser puttet als ich?"